
Es steht in der Nähe der Promenade, am Stadtpark, am Weg von den Parkplätzen an der Haupstrasse zum Wasser.
Viele Menschen gehen täglich vorbei, werfen einen Blick auf die Bücher aus den Jahrzehnten mehrerer Leben.
Romane, Erzählungen, Fotobände, Tatsachen, Gedichte, Krimis, ab und zu ein paar LP s
Eine Mutter sucht nach Büchern für ihre Kinder, neu kann sie sich diese nicht leisten.
Ein älterer Mann in sportlicher, extrem farbiger Fahradkleidung, modernsten Zuschnitts entlädt die beiden über sein Hinterrad hängenden Taschen und stellt die Bücher in das Regal.
Ein simples Regal, Kommunikationsplatz, offene Psychotherapie- und Anlaufstelle, Austauschplatz.
Was für den einen Entsorgung ist, Entrümpeln, Entschlacken ist für den anderen eine wertvolle Fundgrube, ein Geschenk, ein Buch, nach dem er vielleicht schon lange gesucht hat.
Eine Frau kniet am Boden, sucht in der untersten Reihe, entdeckt alte Reader Digest Ausgaben, Sciene Fiction, dazwischen eine Karl May Ausgabe, neben einer Fassung des Ekkehard Romans von Viktor von Scheffel, der längst vergriffen ist, und der, wenn man auf den Vulkan Hohentwiel steigt, auf einmal lebendig wird.
Vergriffen, verschollen, beim Sehen des Titels in die Erinnerung zurückgeholt.
Ein Mann lächelt, sagt, ich gehe jeden Tag an das Regal. Bringe Bücher, nehme Bücher, treffe Menschen, kann reden, aus der Einsamkeit des alleine Seins, der Menschenscheue entfliehen.
Bücher im Regal , allen gehörend, trotzdem funktionierend.
Wäre das offene Bücherregal nicht ein Modell für eine neue politische Lebensperzeption, für ein nur an Bedarfsdeckung und nicht Horten orientiertem Zusammenleben.
Das offene Bücherregal, ein machbare kleine Realisierung einer utopischen sozialen Revolution.
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