Auf der Suche nach der verlorenen Zeit

Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ , so heisst Marcel Prousts monumentales Romanwerk, das zwischen 1913 und 1927 in sieben Bänden erschien.

Der Roman kreist um die „mémoire involontaire“ – das unwillkürliche Erinnern, etwa ausgelöst durch den berühmten Madeleine-Moment.

Dieses Erinnern wird zur poetischen Methode, um die Vergangenheit zu rekonstruieren.

Jede Entscheidung die man tätigt, schließt andere Möglichkeiten aus.

Das erzeugt oft ein Gefühl von Verlust.

Wir neigen dazu, die verpasste Option zu verklären und uns vorzustellen, dass sie besser gewesen wäre.

Aber ein ” was wäre gewesen wenn..” ist unumkehrbare Geschichte,

oft mit gescheiterten oder enttäuschten Hoffnungen, Sehnsüchten oder Beziehungen verknüpft.

Verpasste Chancen gehören zum Leben.

Sie machen unsere Geschichte einzigartig.

Manchmal zeigt sich später, dass eine „verpasste“ Möglichkeit gar nicht so ideal gewesen wäre.

Das Zeitverständnis in “Auf der Suche nach der verlorenen Zeit” ist nicht linear, sondern zirkulär, durchzogen von Erinnerungsschleifen, Verzögerungen, Verfehlungen – und eben auch von verpassten Chancen.

Diese verpassten Gelegenheiten sind nicht bloß bedauerliche Zufälle, sondern Ausdruck einer existenziellen Wahrheit,

Das Leben erschließt gänzlich sich sich oft erst im Rückblick,

während es im Moment selbst an uns vorbeizufließen scheint.

Viele Momente des Lebens – Begegnungen, Lieben, Möglichkeiten zur Erkenntnis, berufliche Chancen blieben ungenutzt,

weil man diese im Augenblick des Geschehens nicht als bedeutungsvoll erkannte.

Erst durch die mémoire involontaire, das unwillkürliche Erinnern, wird das Verlorene wieder greifbar – nicht als Wiederholung, sondern als Verwandlung.

Die Weichenstellungen des Schicksals wollten einen anderen Weg weisen,

einen, mit allen völlig anderen Folgekonsequenzen.

„Die wahre Entdeckung besteht nicht darin etwas zu versuchen mit anderen Augen zu sehen.“

Die verpassten Chancen werden nicht ungeschehen gemacht, aber sie werden umgewandelt in eine Erkenntnis.

Was wäre, wenn wir das Leben nicht als eine Kette von Entscheidungen sehen,

sondern als ein Gewebe aus Resonanzen ,

manche laut, manche leise, manche erst Jahre später oder manchmal erst im Alter und der mentalen Retroperspektive hörbar?

Dann wären verpasste Chancen nicht das Ende, sondern verzögerte Anfänge.

Keine Zeit ist verloren.

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